Konjunkturpaket Bund. 3. Juni 2020. Steuer- und insolvenzrechtliche Maßnahmen

D. Breymann Rechtsanwälte > Bund  > Konjunkturpaket Bund. 3. Juni 2020. Steuer- und insolvenzrechtliche Maßnahmen

Konjunkturpaket Bund. 3. Juni 2020. Steuer- und insolvenzrechtliche Maßnahmen

Gestern wurde das Konjunkturpaket Bund veröffentlicht. Die für die Unternehmen sicherlich wichtigsten Maßnahmen betreffen vor allem das Steuerrecht, das Insolvenzrecht,  die Vorziehung öffentlicher Investitionen und das Vergaberecht.  Vor allem die ersten beiden Punkte sind für jedes Unternehmen relevant.

Steuerrecht: 

Verlustrückträge können befristet geltend gemacht werden.  Es soll ermöglicht werden, schon mit der Steuererklärung für das Witschaftsjahr 2019 entsprechende Rücklagen in der Erwartung von Coronabedingten Verlusten in 2020 geltend zu machen und damit die Steuerlast für das Wirtschaftsjahr  zu senken. Es wird also nicht das tatsächliche liquide Ergebnis 2019 der Steuer unterworfen sondern ein um die erwartete Minderung für das Jahr 2020 vermindertes Ergebnis. Dies  erscheint wirklich sehr hilfreich, da es schnelle Liquidität verspricht. Wie bereits öffentlich berichtet, wird die Umsatzsteuer für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 auf 16 bzw. 5 % reduziert. Der kluge Einzelhandel (Nachhaltigkeit!) wird diese Reduzierung weitergeben und nicht einfach den Nettopreis anheben.

Insolvenzrecht:

Es ist eine Reform des Insolvenzrechts angedacht, die sowohl natürliche als auch juristische Personen umfasst. Für letztere ist ein neues Restrukturierungsverfahren angedacht, das der Insolvenz vorgeschaltet werden soll. Inwieweit Elemente des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung dort einfließen werden, muss abgewartet werden. Bei natürlichen Personen sollen die Wohlverhaltensphase auf 3 Jahre verkürzt werden. Bei Einzelunternehmern führt diese Verkürzung zu einer erheblichen Reduzierung des Haftungsrisikos. Auch bei Verbrauchern soll die Restschuldbefreiung  für einen befristeten Zeitraum auf 3 Jahre reduziert werden. Durch die Aussetzung der Insolvenzantragsfrist von 3 Wochen im Rahmen der ersten Maßnahmen der Hilfspakete, können Betroffene in den meisten Fällen noch zuwarten.

Nachfolgend der Auszug aus dem Protokoll selbst:

Die Konjunktur stärken und die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesseln

  1. Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland wird befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 der Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% und von 7% auf 5 %{Finanzbedarf: 20 Mrd. Euro}
  2. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie steigen die Ausgaben in allen Sozialversicherungen. Um eine dadurch bedingte Steigerung der Lohnnebenkosten zu verhindern, werden wir im Rahmen einer „Sozialgarantie 2021“ die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40% stabilisieren, indem wir darüber hinaus gehende Finanzbedarfe aus dem Bundeshaushalt jedenfalls bis zum Jahr 2021 decken. Das schützt die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer und bringt Verlässlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit für die {Finanzbedarf: 5,3 Mrd. Euro 2020, Bedarf 2021 kann erst im Rahmen der HH-Aufstellung 2021 ermittelt werden}
  3. Wettbewerbsfähige Strompreise sind ein wesentlicher Faktor für Investitionen am Standort Deutschland und für die Energiewende hin zu strom- und wasserstoffbasierten Technologien. Die EEG-Umlage droht im Jahr 2021 aufgrund des corona-bedingten Rückgangs der Wirtschaftsleistung und des damit verbundenen Rückgangs des Börsenstrompreises stark anzusteigen, trotz der beginnenden Zuführung von Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel. Um für mehr Verlässlichkeit bei den staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 zusätzlich zu diesen Einnahmen aus dem BEHG ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kwh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kwh liegen {Finanzbedarf: 11 Mrd. Euro}
  4. Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird verschoben auf den 26. des Folgemonats. Dies gibt Unternehmen einen Liquiditätseffekt von ca. 5 Mrd. Euro und ermöglicht den Unternehmen in Deutschland ein „level playing field“ gegenüber vielen unserer europäischen Nachbarn. {Finanzwirkung: Verschiebungseffekt rd. 5 Mrd. Euro, davon 2,5 Mrd. Euro Bund}
  5. Der steuerliche Verlustrücktrag wird – gesetzlich – für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 5 Euro bzw. 10 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung) erweitert. Es wird ein Mechanismus eingeführt, wie dieser Rücktrag unmittelbar finanzwirksam schon in der Steuererklärung 2019 nutzbar gemacht werden kann, z.B. über die Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage. Das schafft schon heute die notwendige Liquidität und ist bürokratiearm zu verwalten. Die Auflösung der Rücklage erfolgt spätestens bis zum Ende des Jahres 2022. {Finanzwirkung: Verschiebungseffekt 2 Mrd. Euro, davon 1 Mrd. Euro Bund}
  6. Als steuerlicher Investitionsanreiz wird eine degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25% Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 eingeführt. {Finanzwirkung: Vorzieheffekt 6 Mrd. Euro, davon 3 Mrd. Euro für den Bund}
  7. Um die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu verbessern, wird das Körperschaftssteuerrecht modernisiert: u.a. durch ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags. {Finanzwirkung: 0,3 Mrd. Euro}
  8. Um die Potenziale eines gut regulierten, modernen und effizienten Kapitalmarkts zu nutzen und Deutschland als Standort für Investitionen in Zukunfts- und Wachstumsunternehmen zu stärken, werden die Möglichkeiten für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verbessern, sich an ihren Unternehmen zu Dabei werden wir auch auf die besondere Situati Unternehmen zu beteiligen. Dabei werden wir auch auf die besondere Situation von Startup-Unternehmen eingehen und eine für diese attractive Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung schaffen
  9. Die Corona-Pandemie kann dazu führen, dass viele Unternehmen unverschuldet in finanzielle Schieflage geraten. Mit den zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen helfen wir den Unternehmen, Insolvenzen zu vermeiden. Wo dies trotz aller Anstrengungen nicht möglich ist, soll ein schneller Neustart nach einer Insolvenz erleichtert Deshalb soll das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre verkürzt werden, flankiert durch ausreichende Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung. Die Verkürzung soll für Verbraucher befristet sein und das Antragsverhalten der Schuldner soll nach einem angemessenen Zeitraum evaluiert werden, dies auch im Hinblick auf etwaige negative Auswirkungen auf das Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten. Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen soll ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden.
  10. Der Bund wird in allen Bereichen prüfen, inwieweit geplante Aufträge und Investitionen jetzt vorgezogen werden können. Insbesondere sollen Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung, Sicherheitsprojekte sowie neue Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil, die noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können, sofort umgesetzt werden. {Projektvolumen: 10 Mrd. Euro}
  11. Um die öffentlichen Investitionsfördermaßnahmen schnell in konkrete Investitionsprojekte umsetzen zu können, soll das Vergaberecht temporär vereinfacht werden, etwa durch eine Verkürzung der Vergabefristen bei EU-Vergabeverfahren und die Anpassung der Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben in Deutschland. Die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bleiben von diesen Regelungen unberührt. Auch die Länder sind gefordert, Vereinfachungen umzusetzen. Die Koalition ist bestrebt, die Europäische Ratspräsidentschaft Deutschlands zu nutzen, um auf europäischer Ebene ein Programm zur Entbürokratisierung, zur Beschleunigung des Planungsrechts, zur Vereinfachung des Vergaberechts und zur Reform des Wettbewerbsrechts anzustoßen. Wir prüfen im Lichte der im Herbst erwarteten EuGH-Entscheidung eine europarechtskonforme materielle Präklusion gesetzlich wieder einzuführen.