Vorsicht Bauernfänger
Dienstag war ich beim Bundessozialgericht. Es ging um sozialversicherungsrechtliche Fragen zu Lohnoptimierungsmodellen. Entschieden wurde ein Einzelfall. Es gab eine einstündige Verhandlung und eine kurze mündliche Urteilsbegründung des 12. Senats und in der Folge den untenstehenden Terminsbericht des BSG selbst.
Was daraus folgt? Man kann noch keine generellen oder detaillierten Aussagen zu den Auswirkungen dieser Entscheidung auf Optimierungsmodelle treffen. Dafür bedarf es der schriftlichen Urteilsausfertigung. Diese liegt mir (als Prozessbeteiligtem jedenfalls) noch nicht vor.
So weit so gut, nur was ich mich frage?
Wie will man dann Tipps aufgrund der Entscheidung geben?
Aufgrund welchen Geheimwissens werden da Verhaltensregeln feilgeboten?
Soll da wieder nur was verkauft werden?
Oder trennt sich da nur die Spreu der unseriösen Berater von dem Weizen der seriösen Berufsträger, die hier berechtigt und befähigt sind, etwas zu der Thematik zu sagen?
Denn Letztere werden zu dem Thema zur Zeit in Ermangelung von Detailkenntnissen noch schweigen.
Das hindert scheinbar viele Anbieter nicht daran, jetzt wohlfeile Ratschläge zu geben und Lösungen anzubieten. Anders kann ich jedenfalls die ganzen Einladungen zu virtuellen Meetings zu dem Thema von Anbietern dieser Modelle nicht werten. Ich wäre als von diesen Fragen betroffener Unternehmer da sehr skeptisch. Der unten stehende Terminsbericht des BSG selbst gibt jedenfalls nichts dafür her.
– B 12 R 21/18 R – M. GmbH & Co KG ./. Deutsche Rentenversicherung
Baden-Württemberg
20 Beigeladene
Vorinstanzen:
Sozialgericht München – S 56 R 1478/12, 03.06.2014
Bayerisches Landessozialgericht – L 14 R 586/14, 14.09.2017
Die Revision der Beklagten war nach einer vergleichsweisen Beschränkung des Streitgegenstands
auf den Monat Dezember 2010 erfolgreich. Sowohl die Tankgutscheine als auch die
Werbeflächenentgelte sind beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV.
Hierunter fallen alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig,
ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher
Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang
mit ihr erzielt werden. Einnahmen sind alle geldwerten Vorteile, der einem versicherten
Beschäftigten in ursächlichem Zusammenhang mit seiner Beschäftigung zufließen.
Im Zuge der Vereinbarung eines Lohnverzichts traten die vertraglich als „neue Gehaltsanteile“
bezeichneten Tankgutscheine und die Werbeeinnahmen teilweise an die Stelle des ursprünglichen
Bruttolohns und glichen den Verzicht teilweise aus. Sie sind damit als teilweises Surrogat für den
Entgeltverzicht geleistet worden. Aus diesem Grund sind die Tankgutscheine auch nicht über § 1
Abs 1 Satz 1 Nr 1 SvEV von der Zurechnung zum Arbeitsentgelt ausgenommen. Denn sie wurden
nicht „zusätzlich“ zum Lohn oder Gehalt gewährt, sondern als integraler Bestandteil der
vereinbarten neuen Vergütung. Als Geldsurrogat waren die auf einen bestimmten Betrag
begrenzten Tankgutscheine keine Sachbezüge, die bei Unterschreitung der steuerlichen
Bagatellgrenze beitragsfrei wären.
Die Werbeflächenentgelte wurden ungeachtet der Rechtsnatur ihrer vertraglichen Grundlage „im
Zusammenhang“ mit der Beschäftigung erzielt. Auch sie wurden als „neue Gehaltsanteile“ im
Gegenzug zum Lohnverzicht vereinbart und damit als Surrogat für den Lohnverzicht nicht
„zusätzlich“ gewährt.