Nettolohnumwandlungen lösen in Zukunft Sozialabgaben aus.
Ergebnis der gemeinsamen Sitzung der Spitzenverbände Sozialversicherungen Bund vom 11. 11. 2021
Gerade wurde das Protokoll der Sitzung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungen Bund zu dem Urteil des BSG vom 21.2. 2021 (näheres hier) veröffentlicht, das für Entgeltumwandlungen und -optimierungen weitreichende Wirkungen hat.
Generelle Voraussetzungen
Die Verbände halten zunächst fest, dass es im Ergebnis für den Ausschluss der Zusätzlichkeit darauf ankommt, ob
- die Vor- und Nachteilseinräumung durch Entgeltverzicht auf der einen und das ergänzte Leistungsspektrum auf der anderen Seite im Zusammenhang stehen und eine einheitliche Vereinbarung bilden, die insgesamt im Rahmen des gegenseitigen Austausches zustande gekommen und nicht trennbar ist und
- aus objektiver Sicht der Vertragsparteien die neue Vergütung nur dann vollständig erfasst ist, wenn sämtliche Entgeltbestandteile zusammengenommen betrachtet werden.
Anwendung des § 8 Abs. 4 auch im Sozialversicherungsrecht?
Diese Merkmale spiegelten sich in den neuen gesetzlichen Kriterien des steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernisses wider. Zur Auflösung der Rechtsfolgen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernis sei dann durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020 (BGBl. I Seiten 3096 ff.) eine Definition des steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernisses in § 8 Absatz 4 EStG aufgenommen worden.
Zusätzlichkeit nach § 8 Abs. 4 EStG
Hiernach werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Steuerrechtliche Zusätzlichkeitsdefinition gilt ab sofort auch im Sozialversicherungsrecht
Die Spitzenverbände kamen daher zu dem Ergebnis, dass „angesichts der inhaltlich weitgehend deckungsgleichen Merkmale für die Erfüllung des Zusätzlichkeitserfordernisses im Steuerrecht einerseits und im Beitragsrecht andererseits grundsätzlich die Kriterien des steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernisses nach § 8 Absatz 4 EStG in Ansatz zu bringen sind. Dieser Grundsatz der vorgenannten steuerrechtlichen Norm wäre immer zu prüfen, also auch dann, wenn allein das Beitragsrecht der Sozialversicherung – nicht aber das Steuerrecht – für bestimmte Tatbestände ein Zusätzlichkeitserfordernis verlangt. Bei Entgeltumwandlungen im Sinne eines vorherigen Entgeltverzichts und daraus resultierenden neuen Zuwendungen des Arbeitgebers ist daher regelmäßig davon auszugehen, dass es an der Zusätzlichkeit der neuen Zuwendungen fehlt.
Ergebnis
Damit ist festzuhalten, dass bei Leistungen, die aus Entgeltumwandlungen herrühren, dass sozialversicherungsrechtliche Zusätzlichkeitsmerkmal nicht erfüllt ist. Eine Ausnahme gilt nur für die Erholungsbeihilfe und das Bike-Leasing. Diese bleiben sozialversicherungsfrei.
Mithin bleibt festzuhalten, dass sich die Anwender solcher Modelle klar werden müssen, dass die in ihrem Rahmen gewährten Leistungen sozialabgabenpflichtig werden.