Steuerliche Entlastung für Selbständige durch vorgezogene Geltendmachung von erwarteten Verlusten (§§ 110, 111 EStG)
Bundestag und Bundesrat haben inzwischen das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet. In diesem sind die neuen §§ 110, 111 EStG enthalten, die es ermöglichen, den Verlust für das Geschäftsjahr 2020 rückzutragen, und zwar entweder im Vorauszahlungsbescheid für 2019 oder in der Steuerfestsetzung für 2019.
§ 110 dient dabei der Regelung der Vorauszahlungen und § 111 der Regelung der Festsetzung.
Voraussetzung des § 110 EStG
Antrag des Steuerpflichtigen. Außerdem muss die Vorauszahlung für 2020 auch 0,- betragen, was jedoch beantragt werden kann. Die Höhe des geltend zu machenden Verlustrücktrages ist entweder pauschal mit 30 % anzusetzen oder für den Fall, dass ein höherer geltend gemacht wereden soll, zu belegen.
Parallel erzielte Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit sind nicht berücksichtigungsfähig.
Voraussetzung des § 111 EStG
Entsprechen denen des § 110 EStG, sind aber im Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Da der genaue Verlust noch nicht bekannt sein kann, ist er zu schätzen und insoweit ein vorläufiger Verlustrücktrag.
Durch die Geltendmachung dieses (noch nicht bekannten) Verlustes bereits in 2019 entweder im Rahmen der Vorauszahlung oder auch Veranlagung fließt dem Steuerpflichtigen schnell Liquidität zu.
Nachfolgend die beiden neuen Vorschriften im Wortlaut
110[1] Anpassung von Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019
(1) 1Auf Antrag wird der für die Bemessung der Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 zugrunde gelegte Gesamtbetrag der Einkünfte pauschal um 30 Prozent gemindert. 2Das gilt nicht, soweit in dem Gesamtbetrag der Einkünfte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) enthalten sind. 3Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1 ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 Euro herabgesetzt wurden.
(2) Abweichend von Absatz 1 wird der für die Bemessung der Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 zugrunde gelegte Gesamtbetrag der Einkünfte um einen höheren Betrag als 30 Prozent gemindert, wenn der Steuerpflichtige einen voraussichtlichen Verlustrücktrag im Sinne des § 10d Absatz 1 Satz 1 für 2020 in dieser Höhe nachweisen kann.
(3) 1Die Minderungen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen insgesamt 5 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26 und 26b zusammenveranlagt werden, 10 000 000 Euro nicht überschreiten. 2 § 37 Absatz 3, 5 und 6 ist entsprechend anzuwenden.
[1] Abschnitt XIV (§§ 110 und 111) angef. durch G v. 29.6.2020 (BGBl. I S. 1512); zur Anwendung siehe § 52 Abs. 52 und 53.
- 111[1] Vorläufiger Verlustrücktrag für 2020
(1) 1Auf Antrag wird bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 pauschal ein Betrag in Höhe von 30 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 als Verlustrücktrag aus 2020 abgezogen (vorläufiger Verlustrücktrag für 2020). 2Bei der Berechnung des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nicht zu berücksichtigen, die im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind. 3Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1 ist, dass die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2020 auf 0 Euro herabgesetzt wurden.
(2) Abweichend von Absatz 1 wird ein höherer Betrag als 30 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn der Steuerpflichtige einen voraussichtlichen Verlustrücktrag im Sinne des § 10d Absatz 1 Satz 1 für 2020 in dieser Höhe nachweisen kann.
(3) Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 nach den Absätzen 1 und 2 kann insgesamt bis zu 5 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26 und 26b zusammenveranlagt werden, bis zu 10 000 000 Euro betragen.
(4) 1Führt die Herabsetzung von Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 auf Grund eines voraussichtlich erwarteten Verlustrücktrags für 2020 zu einer Nachzahlung bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019, so wird diese auf Antrag des Steuerpflichtigen bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2020 gestundet. 2Stundungszinsen werden nicht erhoben.
(5) Für den Veranlagungszeitraum 2020 ist bei Anwendung von Absatz 1 oder 2 eine Einkommensteuererklärung abzugeben.
(6) 1Mit der Veranlagung für 2020 ist die Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 zu ändern; hierbei ist der bislang berücksichtigte vorläufige Verlustrücktrag für 2020 dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. 2Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2019 bestandskräftig geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 2020 abgelaufen ist. 3Soweit die Änderung der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 auf der Hinzurechnung des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 beruht, ist § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden.
(7) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn die Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2020 vor der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2019 durchgeführt wird.
(8) 1Wird der Einkommensteuerbescheid für 2019 vor dem 15. Juli 2020 bestandskräftig, kann bis zum 1. August 2020 nachträglich ein Antrag auf Berücksichtigung des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 gestellt werden. 2Der Einkommensteuerbescheid für 2019 ist insoweit zu ändern.
[1] Abschnitt XIV (§§ 110 und 111) angef. durch G v. 29.6.2020 (BGBl. I S. 1512); zur Anwendung siehe § 52 Abs. 52 und 53.