Die Sozialversicherungsfreiheit von Leistungen der Entgeltoptimierung
I. Einleitung
Hauptmotive für die Optimierung von Arbeitsentgelt ist neben der besonderen steuerlichen Behandlung die Sozialversicherungsfreiheit der zum Einsatz kommenden Leistungen.
Grundsätzlich unterliegen gem. § 14 SGB IV alle Arbeitsentgelte der Sozialversicherungspflicht. Als Arbeitsentgelte werden in dieser Norm „alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus der Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht und unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden“ definiert.
Auch die in den Optimierungsmodellen zum Einsatz kommenden Leistungen, wie z. B. der Sachbezug oder die Restaurantschecks, werden den Arbeitnehmern laufend gewährt. Gleichwohl werden diese durch die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) von den Sozialabgaben befreit.
II. Die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV)
1.Sozialversicherungsrecht folgt im Grunde dem Steuerrecht
Die SvEV ist seit dem 1.1.2007 in Kraft (letzte Änderung 5.2015) und befreit bestimmte Leistungen des Arbeitgebers von der Sozialversicherungspflicht. Gem. § 1 Abs. 1 Ziff. 1 1. Halbsatz SvEV bestimmt wie folgt:
Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzurechnen: einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind…
Darunter fallen also unter anderem folgende in Optimierungsmodellen zum Einsatz kommende Leistungen:
- Kinderbetreuung (§ 3 Nr. 33)
- Steuerfreie Unterstützungsleistung (§ 3 Nr. 11)
- Nutzung PC, Mobiltelefon (§3 Nr. 45)
- Verpflegungsmehraufwand (§3 Nr. 13 u. 16)
- Die Betriebliche Altersvorsorge (§ 3 Nr. 55, 56, 63 u. 66)
- Sachbezug (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG)
nicht der Sozialversicherungspflicht, da sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff.1 SvEV erfüllen. Also was steuerfrei fortlaufend gewährt werden kann, bleibt auch sozialversicherungsfrei.
Erforderlich ist jedoch, dass sie zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährt werden. Dazu später mehr.
§ 1 Abs. 1, Ziff. 3 SvEV befreit auch die Leistungen, die gem. § 40 Abs. 2 EStG pauschal versteuert werden, von der Sozialversicherungspflicht. Hierunter fallen unter anderem,
- Entfernungspauschale
- Internetpauschale
- Restaurantschecks (pauschal versteuert)
- Erholungsbeihilfe.
Allen Leistungen haben jedoch als gemeinsame Voraussetzung, dass die entsprechenden Leistungen im fraglichen Abrechnungszeitraum auch lohnsteuerfrei bzw. pauschal versteuert deklariert werden.
Eine Besonderheit besteht bei den steuerfreien Leistungen insoweit als dass die SvEV verlangt, dass diese zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlt werden. Dieses Merkmal ist auch aus dem Steuerrecht bei einigen Leistungen der Optimierungen bekannt, nämlich den Kindergartenbeiträgen, der Internet- sowie der Entfernungspauschale. Allerdings definiert die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Zusätzlichkeit im Sozialrecht anders als im Steuerrecht.
2. Wie ist Zusätzlichkeit im Sinne der SvEV zu definieren?
Anders als im Steuerrecht, wo die Steuerpflicht mit dem Zufluss der Leistung entsteht, herrscht im Sozialversicherungsrecht das Anspruchsrecht. Der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Es kommt also auf die vertraglichen Lohnansprüche des Arbeitnehmers an.
Durch Entgeltoptimierungen werden nunmehr diese vertraglichen Vergütungsansprüche geändert. Der Arbeitnehmer verzichtet zivilrechtlich wirksam auf einen Teil seines Arbeitsentgelts und erhält dafür den Anspruch auf die zusätzlichen Leistungen.
Die Frage ist, ob damit die Bausteine zusätzlich im obigen Sinne der SvEV an den Arbeitnehmer fließen. Die entsprechende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als höchster Instanz der Judikative im Sozialrecht ist hier ziemlich eindeutig. Der 12. Senat des BSG hat in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2004 (B 12 KR 10/02) und 2010 (B 12 R 5/09 R) geurteilt, dass es letztlich darauf ankommt, ob die Arbeitsvertragsparteien sich auf eine arbeitsrechtlich zulässige neue Entgeltvereinbarung verständigen. Weitere Voraussetzungen verlangt das Gericht nicht. Es ist es unerheblich, ob die Leistungen im Vergleich zum bisherigen Entlohnungsgefüge vom Arbeitgeber zusätzlich aufgebracht werden oder ob sie – bei gleich bleibendem Gesamtvergütungsniveau – aus einer für die Zukunft vereinbarten Entgeltumwandlung laufender oder einmaliger Zahlungen des bisher gezahlten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts stammen.
Laut BSG kommt es also nur auf eine erneuerte Entgeltvereinbarung an. Es reicht für die Zusätzlichkeit aus, wenn diese Vereinbarung einen Teil der Bezüge im Wege der vertraglich vereinbarten Entgeltumwandlung als abgabenrechtlich begünstigte Leistung gewährt.
III. Ergebnis für die Entgeltoptimierungen
Die Leistungen der Entgeltoptimierung bleiben sozialversicherungsfrei, wenn die neuen Entgeltvereinbarungen arbeitsrechtlich zulässig sind und die Leistungen steuerrechtlich begünstigt sind. Der Begriff der Zusätzlichkeit im Sozialversicherungsrecht wird anders definiert als im Steuerrecht. Auch durch Entgeltumwandlungen, kann die Zusätzlichkeit sozialversicherungsrechtlich begründet werden. Allerdings ist darauf zu achten, dass die entsprechenden Leistungen auch im fraglichen Abrechnungszeitraum ordnungsgemäß in den Lohnabrechnungen steuerlich deklariert werden.